Ablauf eines Schneetrainings

Blizzard
Blizzard

Januar 2013

Es ist halb neun morgens. Langsam erwachen wir alle, weil sich da über uns, im „Schlafzimmer“ von Frauchen was tut.

 „So Hundis, heute gibt`s ein Trainingstag, auf, in die Pelze“, sagt Frauchen. Eigentlich wäre es noch ganz schön warm im Bus, aber wenn es Frauchen nichts ausmacht, in die Kälte zu gehen, dann soll es uns recht sein. Und es verspricht sowieso ein wunderschöner Tag zu werden.

Einen um den anderen nimmt Frauchen uns aus unseren kleinen Häuschen und bringt uns an unseren Steak-Out-Platz.

Als erstes färben wir dort den Schnee unter uns mehr oder weniger gelb, dann begrüssen wir den jungen Morgen mit einem fröhlichen Lied nach Huskymanier. Und hundertfach schallt es von den nahen Felsen zurück.

Auch andere Kumpels, die hier in der Nähe sind, fallen in das Heulen mit ein, es pflanzt sich fort, den Urnerboden entlang bis hinauf zum fernen Klausenpass.

Am erwachen
Am erwachen
Ein herrlicher Morgen
Ein herrlicher Morgen

Nun wird unsere Aufmerksamkeit schlagartig durch etwas anderes abgelenkt. Frauchen holt die Futterschüsseln hervor, reiht sie alle auf dem Tischchen auf, beginnt unsere Suppe zu kochen. Suppe? Am frühen Morgen? –

Ja, vor einem Training kocht uns Frauchen immer eine herrliche Suppe, jeden Tag mit einem anderen Geschmack. Davon saufen wir dann in kurzer Zeit 1-1,5 Liter, um unsere Körper optimal mit Flüssigkeit aufzufüllen. Dem sagen unsere Oberhunde „wässern“, und das ist gut so, weil wir dann beim rennen schnell sehr viel Flüssigkeit verlieren. Ohne dieses Wässern vorher könnten wir schnell einmal einen Kreislaufkollaps bekommen.

Danach bringt uns Frauchen wieder in unsere Boxen, da können wir es uns noch einmal gemütlich machen, die feine Suppe wirken lassen, oder noch eine Mütze voll Schlaf nehmen. Manch einer macht sich da vielleicht auch noch seine Gedanken über die Zusammenstellung des Gespanns, oder über die Beschaffenheit des Trails ---

 

Gut eine Stunde später macht sich dann die gute Suppe anderweitig bemerkbar und Frauchen holt uns alle wieder raus.

Jetzt wird gepisst was das Zeug hält; alles was nicht von den verschiedenen Körperzellen aufgesogen worden ist, lassen wir nun wieder raus. Das würde uns beim rennen nur behindern. Einige können zwar auch während dem rennen bislen, aber nur die Guten. Die andern halten dann unter Umständen das ganze Gespann an, je nachdem wie weit vorne sie eingespannt sind, und dann gibt es schnell einmal einen Leinensalat.

Die feine Suppe
Die feine Suppe
Am Wässern
Am Wässern

Unterdessen macht nun Frauchen den Schlitten bereit, mit dem entsprechenden Zugseil, den Renngeschirren und für sich selber den Sporthelm.

Und das jagt uns nun langsam aber sicher das Adrenalin durch unsere Körper. Wenn wir Frauchen zuschauen, wie sie mit ruhigen Bewegungen die Leinen auslegt, für jeden von uns das entsprechende Geschirr bereitlegt – da gibt es kein halten mehr. Jeder macht dann auf seine Weise der Freude Luft, mit heulen, schreien, hopsen, im Schnee graben, in die Luft schnappen, in die Kette beissen, Schnee fressen usw.

 

Das Anschirren wird dann für Frauchen zu einem rechten Balanceakt, weil wir nicht still halten können vor lauter Aufregung. Chneook schnappt nach allem was er erwischt, auch wenn es Frauchens Hosenbein ist, Yukon ruiniert ein Geschirr nach dem andern mit einem kurzen heftigen Biss, so dass Frauchen ihn immer ganz zuletzt anschirren und dann sofort einspannen muss, um das zu verhindern. Blizzard kann nicht warten mit Starten und reisst Frauchen fast über den Haufen, wenn es ihn von Steak-Out löst, Eagle entpuppt sich als Leinenbeisser…So sind wir dann, eine wilde, schreiende, hopsende Bande.

Wir sind angeschirrt
Wir sind angeschirrt
Der Leader wird eingespannt
Der Leader wird eingespannt
...und die Weel-Dogs
...und die Weel-Dogs

Und dann sind wir endlich alle an unseren Plätzen, und das ist nicht eine Zufallssache. Das ist genau überlegt, je nachdem wer gut zieht, wer gut hört, wer es mit wem gut kann, wer besser links läuft, oder eben nicht, wer am meisten herumalbert, (jaja, solche gibt es bei uns auch).

 

Dann steigt Frauchen auf den Schlitten, dh. auf die Krallenbremse, denn wenn sich der Schlitten jetzt verselbständigt, würde Frauchen in hohem Bogen in den Schnee katapultiert, während wir, ohne dies zu bemerken, mit tausend Sachen aus dem Steak-Out-Platz auf den Trail hinausrasten.

 

Also, darum immer ein Fuss auf der Kralle, eine Hand am Schlitten, löst Frauchen nun die beiden Schneeanker und dann zuletzt die Starterleine. –

Ein kurzes „Okay“ und wir fliegen davon…

 

Und nun flitzen wir den Trail entlang, und Frauchen führt uns mit seinen Befehlen, auf die vor allem Snow, unser Leader gut hört. Er macht genau das, was Frauchen will, zieht links oder rechts durch, gibt Gas, oder stoppt, geht an einem anderen Gespann vorbei, er ist ein absolut toller Leithund, und darum liebt ihn Frauchen auch so sehr. Ist er mal auf dem Trail, ist Snow alles andere um ihn her egal, da gilt für ihn nur rennen, rennen und ziehen. Und wir andern machen dann (meistens) mit, was er uns vorgibt.

 

Schneeanker lösen...
Schneeanker lösen...
...ein kurzes "Okay"...
...ein kurzes "Okay"...
...und wir fliegen davon
...und wir fliegen davon

Heute laufen wir im 6er-Gespann, den alternden Chenook, Eagle und Borea haben wir im Bus gelassen. Und wir andern sind nun ungefähr an die acht Kilometer unterwegs.

Der Trail führt uns zuerst ganz lustig bergauf und bergab, um tief verschneite Ställe herum, in vielen interessanten Kurven, wo man nicht weiss, was dahinter kommt. Dann geht es steil den Pass hinan, da muss Frauchen uns ganz schön mithelfen.

Nach einer rasanten Talfahrt durch 2 Serpentinen der Passstrasse geht es dem wunderschön zugefrorenen Bach entlang. (Rainy-Pass und Yukonriver lassen grüssen) Und da wird es dann auch so richtig kalt, und Frauchen kann sich das filmen an den Hut stecken, denn die Kamera friert ein.-

Die paar letzten, lang gezogenen Kurven, mit ihrem leichten Gefälle sind absolut herrlich zu galoppieren, lustig die kurze S-Schlaufe über das Brücklein des Baches, wo man nie genau weiss, wie es dies mal aussieht, wie weit man links oder rechts Platz hat.

 

Und dann das Stück mit dem Gegenverkehr, das hat es halt in sich. Manch einen Tangel hat es da schon gegeben, manch einer, Hund wie Herrchen, ist sich da schon mit dem entgegen kommenden Gespann in den Pelz geraten. Ich weiss schon, dass da Frauchens Puls immer ein bisschen schneller geht, ich höre es halt doch jeweils aus ihrer Stimme, (auch wenn sie vielleicht denkt, ich würde es nicht merken) mit welcher sie uns antreibt ein bisschen mehr Tempo zu machen, um so schnell als möglich hier durch zu sein.

Verschnaufspause am Pass
Verschnaufspause am Pass
Und weiter geht`s
Und weiter geht`s
Kamera ist eingefroren
Kamera ist eingefroren

Danach wird der Trail leider etwas langweilig, weil er fast nur noch gerade ausgeht, weil man da schon von weitem sieht, was kommt. Da wird dann oft unser Tempo auch etwas langsamer, wir fallen in den Trab, in dem wir aber dann kilometerlang weiterziehen könnten.

Aber es geht auch an Stellen vorbei, wo entgegenkommende Gespanne nur 2/3 m vom eigenen entfernt sind (wo jeweils Frauchens Stimme etwas schärfer tönt „vorbei“), weil es genau weiss, was da unserem Luftibus in den Pfoten juckt.

Diejenigen von uns, die weniger trainiert sind, ruhen sich da dann während dem Traben etwas aus, (jaja, auch das kann man), Frauchen sagt dann jeweils zB. „Blizzi, du bist am eiern, magst nicht mehr?“ Die andere findet, sie müsste das Ganze nicht mehr so ernst nehmen und probiert immer wieder, ob sie sich im Tiefschnee neben dem Trail kugeln kann, so was!

 

Und der Luftibus eben, der zwar riesengross und stark wäre, lässt sich von allem ablenken was entlang des Trails so fleucht und kreucht.

Na ja, es sind ja schliesslich alles Kumpels von mir, und darum nenn ich auch keine Namen.

 

Nah verlaufende Trailstücke
Nah verlaufende Trailstücke
Berüchtigter Teil mit Gegenverkehr
Berüchtigter Teil mit Gegenverkehr
Flausen ausprobieren
Flausen ausprobieren

So kommen wir denn nach geraumer Zeit wieder zurück zu den Steak-Out-Plätzen und da kommt nun die letzte Höchstleistung unseres Leaders. Ja ich weiss, wir müssen natürlich da auch alle mithelfen, aber wir haben das nun auch wirklich schon gut im Griff:

Nämlich, dass wir an allen andern geparkten Gespannen und Kollegen an denn Steak-Outs anständig und zielstrebig vorbei laufen, ohne abbiegen und Besuche machen zu wollen. Und wenn wir dann auch das noch geschafft haben und Snow zu unserem Steak-Out-Platz einbiegt, dann quillt Frauchens Herz über vor Stolz auf uns…

Und noch während wir eingespannt sind, kommt sie zu uns, umarmt uns, krault und lobt uns, und flüstert uns liebe Dinge ins Ohr. Den Moment lieben wir natürlich über alles, wenn Frauchen uns das Gefühl gibt, dass wir die besten Schlittenhunde aller Zeiten sind...

Und danach gibt es auch immer noch ein spezielles Leckerli und frisches Wasser. Snow darf dann meist ein paar Minuten frei von der Leine sein, (er haut ja nie ab) und sucht sich ein Fleckchen weichen Schnee und wälzt sich darin; immer wieder steckt er den Kopf hinein und schaufelt so Schnee auf sich drauf. Seine Art, sich abzukühlen.

 

Danke, danke!
Danke, danke!
Für Dich, Frauchen!
Für Dich, Frauchen!
Stolze Atlethen
Stolze Atlethen

Danach schirrt uns Frauchen aus und wir können es uns am Steak-Out bequem machen. Und wenn dann so um die Mittagszeit die Sonne hinter den Bergen hervor kommt, räkeln wir uns genüsslich in deren wärmenden Strahlen. Nun ist alle angestaute Energie wieder abgebaut, und wir geniessen das Süsse-Nichts-Tun. Und meist ist dann Frauchen mit von der Partie, kommt immer wieder zu uns, streichelt uns liebevoll über unsere Pelzohren, oder massiert unsere Muskeln. Das ist vielleicht was Schönes – und um das Mass voll zu machen holt sie dann den bestimmten Kessel, den wir schon von weitem kennen und gibt jedem von uns einen herrlichen Knochen zwischen die Zähne. --- Selbstverständlich sind dann auch die andern wieder bei uns, und wenn sie auch nicht eingespannt waren, bekommen sie doch ihren Knochen.

 

Und wenn wir dann gut ausgedampft sind und unsere Knochen verputzt haben, kommt ein langes, gesundes, von schönen Träumen durchwobenes Nickerchen in der warmen Box. Und im Verlaufe des Nachmittags bereitet uns Frauchen   dann eine ausgiebige, fette und warme Mahlzeit. Hmm, das gibt dann zu schlabbern und zu schlecken…

 

Unterdessen schreibt Frauchen in ihr Trainingsbuch die Kilometer auf, die wir heute gelaufen sind, und wer von uns dabei war.

Und dann tratschen wir oft noch ein bisschen herum, Musherlatein mit unseren Kollegen. Oder wir linsen zum Nachbar rüber, denn dort sitzt ein sehr hübsches Mädel, das uns anmacht; wir schauen, wer da alles so vorbeispaziert und geben unseren Senf dazu.

Und witzig, unser Frauchen macht dann eigentlich genau dasselbe...

Und so geht der Tag dann langsam zu ende, der Tag mit unserem Schneetraining.

 

Was ist doch ein solches Husky-Leben für ein herrliches Leben!

Knochen-Time
Knochen-Time
Zum Nachbar rüber linsen
Zum Nachbar rüber linsen
Mit Kollegen tratschen
Mit Kollegen tratschen

Gegen Ende eines ereignisreichen Tages
Gegen Ende eines ereignisreichen Tages